Montag, 21. Juli 2008

Züchtigkeit durch Photoshop

Rolling Stones-Gitarrist Ronnie Wood (61) ist womöglich mit einer 19-jährigen Russin durchgebrannt. So weit, so egal.

Davon berichtet unter anderem das britische Vollproletenblatt The Sun auf ihrer Website, unterlegt mit folgendem Foto:



Jetzt will man ja nicht mit den dämlichen Vorurteilen kommen wie "die Briten sind so prüde" oder sowas, aber entweder die Daily Mail oder derjenige, von dem die Daily Mail ihre Bilder bezieht fand anscheinend die Liebesgrüße aus Moskau allein schon anstößig genug, so dass auf der Version des Fotos auf der Mail Online-Seite ein signifikanter Teil plötzlich verschwunden ist:

Donnerstag, 17. Juli 2008

Pilawas große Weltreise: Schöne Grüße aus dem malerischen Niveau-Tal

Seit dem 10. Juli verwöhnt uns die ARD für drei Donnerstage mit Pilawas großer Weltreise, wie der Name verrät präsentiert von Günther Jauchs schlechterem Zwillingsbruder. Schon das Format lässt dabei jegliche Fantasie vermissen, wie beim Promiminigolf und der Naturwundershow sitzen eine Menge B-Prominenter herum, die dieses Mal an Multiple-Choice-Fragen zu den unterschiedlichsten Ländern mittlere Zurechnungsfähigkeit beweisen.
Das will man schonmal eher nicht anschauen respektive mit seinen Gebührengeldern finanziert wissen.

Der Grund, warum die Große Show der Naturwunder in Ordnung geht und Pilawas Krampf nicht, ist folgender: Bei Ersterem stellt sich durch die Fragen und Beiträge noch ein gewisser Lerneffekt ein, während selbiger, soweit bei Pilawas großer Weltreise vorhanden, zunichte gemacht wird durch eine wahre Schwemme von flachen Klischees, mit denen die Show an allen Ecken aufwartet. Beim Thema Brasilien kommt man ums Verrecken nicht um halbnackte Sambatänzerinnen herum, die zu hinlänglich bekanntem pseudo-brasilianischem Popmüll mit den Hintern wackeln, zu Dubai fällt nichts interessanteres wie Mega-Einkaufszentren ein und eine Frage zur Türkei lädt zu Spekulationen über die Kleiderordnung in Moscheen ein. Die Redakteure des Ersten haben es konsequent vermieden, neuen Boden zu betreten und damit jede Chance ausgemerzt, dass unsereins hinterher mehr wissen könnte als zuvor.

Ob es der imaginäre Auslandsaufenthalt ist oder Folgen von Pilawas dummem Gequatsche, die Online-Leute von DasErste.de scheinen auch schon die ersten Spuren davongetragen zu haben:

Donnerstag, 10. Juli 2008

I don't want to believe.

Eine der einflussreichsten Serien der 90er Jahre, erhält ab dem 25. Juli ihre Fortsetzung in Form des insgesamt zweiten Akte X-Kinofilms The X Files - I want to believe.
Das hört sich interessant an und der Trailer auf der offiziellen Website macht auch einen vielversprechenden Eindruck. Ziemlich genau bis zu Trailersekunde Nummer 11, als die Stimme mit schottischem Akzent ein Gesicht bekommt. Das Gesicht des ziemlich berühmten schottischen Komikers Billy Connolly, um es beim Namen zu nennen.
Vielleicht spreche ich hier nur für mich, aber für meine Wenigkeit nimmt der Gruselfaktor durchaus ab, wenn unheimliche Visionen aus einem Munde verkündigt werden, der normalerweise dazu auffordert, etwa die britische Nationalhymne durch den Jingle einer Sitcom zu ersetzen, zwecks motivierterem Auftreten britischer Athleten bei Olympischen Spielen.

Für alle anderen spreche ich, wenn ich sage, dass es darüber hinaus eine dämliche Entscheidung war, einen neu aufgetauchten FBI-Agenten von Alvin Joiner spielen zu lassen, dem fleissigen MTV-Zuschauer besser bekannt unter dem Künstlernamen Xzibit.
Ich schlussfolgere also, dass entweder...

...die Produzenten auf den Trichter gekommen sind, die nerdige SciFi-Szene überlappe sich zu mindestens 95% mit der der in hüpfenden Autos die amerikanische West Coast heruntertuckernden Bling-Bling Hip Hoppern respektiver die derer, die eben genannten gerne Zugucken und CDs abkaufen oder...

...die Scary Movie-Filmpersiflagen mittlerweile schon vor den persiflierten Filmen erscheinen, wodurch wir uns auf tolle
"Piiiep earthling called Xzibit, we order you to pieeeep pimp our Saucer piiiep!"
und
"Man, when your saucer first came here, it was all like shiny silver on the outside, and tons of flashing lights and screens on the inside, but now it's all like shiny silver on the outside, and tons of flashing lights and screens on the inside. You've officially been pimped."
Dialoge freuen könnten, oder aber...

...die Produzenten haben einfach keinen Schimmer von der Materie und dem Geschäft im Allgemeinen, und fahren den ganzen Streichelzoo ein weiteres Mal Vollgas in die Gülle.

Ihre Wetten, bitte, die Herren!

Mittwoch, 9. Juli 2008

Werdegang eines Plattencovers

Schriftteile in pink und hellgrün, rechtwinklig auf den Seiten eines Schwarzweissfotos angeordnet. Hört sich nicht gerade besonders ausgefeilt oder besonders geschmackvoll an, ist aber ziemlich oldschool und die Scheiben, die unter diesem Cover gelegen haben, haben es schon längst geadelt. Im kollektiven Bewusstsein gehalten durch Hommagen, ist es mittlerweile über 52 Jahre alt und verdient damit eindeutig, mal näher betrachtet zu werden.


Alles begann im Jahr 1956, als das linksstehende Design das selbstbetitelte Debutalbum schmückte. In der Rolling Stone-Liste der 100 besten Albumcover rangiert es auf Platz 40.
Musikalisch enthielt das Album noch hauptsächlich Country-Songs, unter anderem Blue Suede Shoes und belegte auf dem US Billboard Pop Albums Platz 1.


Ende 1979 veröffentlichten die britischen Punk Vor- und Überväter The Clash das Album London Calling. Die Band, die auch in Text und Musik nicht mit Anspielungen auf andere Künstler sparte, entwickelte das Elviscover geschickt weiter. Das Layout als Referenz für die musikalischen Dimensionen der Band, das Motiv als Bekenntnis zu den Wurzeln der Band, denen The Clash dann auch stets treu blieben. So bestanden sie darauf, das Doppelalbum zum Preis eines Einzelalbums zu verkaufen, weswegen sie zeitweise Schulden bei ihrer eigenen Plattenfirma machen mussten.
Die zwei erfolgreichsten The Clash Singles London Calling und Train in Vain sind dem Album entnommen und das Magazin Rolling Stone führt London Calling auf Platz 8 ihrer 2003 erschienenen Liste der 500 besten Alben aller Zeiten.

Auf dieses Album von Tom Waits wird zum Thema bei Wikipedia verwiesen. Rain Dog erschien 1985 und enthält die Musik aus Genres wie Blues und Experimental Rock. Als einziges Cover in dieser Liste enthält dieses eine veränderte Farbzusammensetzung. Auch das die Postion der Schrift wurde in die obere Ecke gespiegelt.



Ziemlich genau 20 Jahre später findet sich das nächste dem Muster folgende Albumcover, wobei es sich bei der CD um de Soundtrack zu dem Skatespiel Tony Hawk's American Wasteland handelt. Das Motiv ist eine gezeichnete Version des The Clash Covers, allerdings wurde die Gitarre durch ein Skateboard ersetzt, was auf einfallsreiche Weise einem Feature des Spiels Rechnung trägt, dass den Spieler nach Stürzen und missglückten Tricks das Sportgerät zerschmettern lässt.

Schließlich zu erwähnen bliebe da noch Reintarnation, ein 2006Best Of-Album von k. d. lang, einer kanadischen Country-Sängerin. Das Motiv scheint an das ursprüngliche Cover von Elvis Presley angelehnt zu sein, wobei der "k.d. lang"-Schriftzug im Format ziemlich genau dem auf London Calling entspricht.




Nachtrag: Unser Leser phish83 hat sich nicht lumpen lassen und mich auf ein Cover von Egotronic aufmerksam gemacht. Die Band macht berliner Elektropunk und auf der CD findet sich dann übrigens auch ein Track namens "Berlin Calling". Danke für den Hinweis nochmals an phish83!


Ich finde hier haben wir es also mit einer Reihe von Covern zu tun, die über die gesamte bisherige Lebensdauer der Rockmusik ihre Spuren hinterlassen haben, den Vergleich mit anderen oft kopierten Covern wie etwa dem des Beatles-Albums Abbey Road wahrich nicht zu fürchten brauchen und wohl insgesamt mehr Aufmerksamkeit verdient hätten.

Sollte uns ein Cover oder etwas ähnliches entgangen sein, meldet Euch in den
Kommentaren!

Montag, 7. Juli 2008

DULDDDMMECADEIMW #1: alle Die drei Fragezeichen Kassetten

Abseits der vielen Dinge, die sonst in diesem Blog thematisiert werden und unser Leben in der Mediensphäre tagtäglich zur  Vorhölle verkommen lassen, gibt es doch noch die ein oder anderen Programme, Silberscheiben oder sonstige Medienerzeugnisse, die uns zumindest ein oder zwei kühle Milchshakes in diesem äusserst hitzigen Ort einschenken können. Genau für diese Perlen der Unterhaltung haben wir diese Rubrik geschaffen: Die unendliche Liste der Dinge, die man mit einem Containerschiff auf die einsame Insel mitnehmen würde. Und das wäre nun #1.

Wir packen ein: Alle Die drei Fragezeichen-Kassetten.

Schon rund 40 Jahre existiert diese Serie nun. Und mindestens genauso lange versuchen die deutschen Autoren auf knuffige Art und Weise die Illusion einer uramerikanischen Geschichte aufrecht zu erhalten. Ohne dabei zu merken das wahrscheinlich genau das das ist, was die Vielzahl an Fans noch immer zu den Drei Fragezeichen stehen lässt. Denn die drei Freunde leben selbstverständlich im uramerikanischen Los Angeles, sind gutbefreundet mit dem anscheinend unsterblichen, unamerikanischen Filmguru Alfred Hitchcock und bei jedem geschätzt zweiten Fall verschlägt es die Hobbydetektive ins uramerikanische  Hollywood um den dubiosen Diebstahl von Gegenstand x von Filmstar y auf die Schliche zu kommen.
Die Eltern stört es dabei anscheinend nie, dass keiner der drei Minderjährigen auch nur den Versuch begangen hat in die Schule zu gehen. Vielleicht bin ich einfach zu uninformiert über die Serie und in Folge z wird am Rande erwähnt, dass die Drei aufgrund des 'Sonderparagrafen für minderjährige Hobbydetektive' des Schulgesetzes von Kalifornien ohne Ausnahmen vom Schulbesuch befreit sind. Ich für meinen Teil hab es noch nichts dergleichen gehört und ich schätze mich als Kenner dieser Serie ein.

Achja, und übrigens versprüht lediglich die Kassettenversion und das charakteristische Klack in der Mitte der Folge den Charme der Drei Fragezeichen.

Wechsel des Layouts

Eben bin ich über ein interessantes Photoshop Tutorial gestumbelt und da hab ich die Gelegenheit am Schopfe gepackt und eine neue Headergrafik für den Blog zusammengeschustert.
Und dann wollten die restlichen Farben und Formen natürlich auch angepasst sein.

Jedenfalls blühen uns, wenn wir bei dem Template bleiben wohl wohl oder übel die netten weißen Kanten oben, und die Label Cloud hat sich mysteriöserweise auch verabschiedet. Ich hoffe dass ich in den nächsten Tagen eine verstärkte Wolkenbildung anregen kann.

Eure Meinung zur neuen Aufmachung sowie Tipps zur schnellen Wiederherstellung der Wolke bitte in die Kommentare!

Update: Die gute alte Label Cloud ist, leicht verändert, wieder mit von der Partie, wohl muss man bei jedem Layout-Wechsel das Widget ganz neu einbinden.

Sonntag, 6. Juli 2008

Hot or not? Master & Commander - Bis ans Ende der Welt

Gestern Abend gabs auf RTL Master & Commander - Bis ans Ende der Welt zu sehen. In der Romanadaption von 2003 wird die Jagd des englischen Kriegsschiffes HMS Surprise auf ein ihr überlegene französische Kaperschiff nacherzählt, was auf eine bestimmte Weise auch als sinnbildlich für das Schicksal des Filmes angesehen werden kann, der dem Fluch der Karibik-Hype ausser innerer Werte seinerzeit nichts entgegenzusetzen hatte.

Denn gerade was vor allem den beiden letzten Teilen der Piraten-Trilogie vorgeworfen wird umschippert Master & Commander bravourös. An keiner Stelle wirkt der Film überladen oder pathetisch, stets ist der Kurs auf den finalen Zusammenprall mit der französischen Acheron gesetzt. Dabei werden bemerkenswerterweise zu keiner Zeit die Gegner diabolisisert. Protagonist Captain Aubrey versteht die am Anfang stehende Attacke auf sein Schiff nüchtern als taktischen Schachzug, und führt auch die Verfolgung der Acheron als solchen aus, so dass keiner der Parteien die Rolle des Aggressors zu Eigen wird. Auch steht der Kampf nicht im Vordergrung, vielmehr erhält sich die Spannung durch die Konflikte der Individuen auf dem Mikrokosmos Schiff: Da wäre der Arzt, der seine Forscherambitionen in Sichtweite der Galapagos-Inseln den taktischen Interessen das Kapitäns opfern muss, die Seeleute, deren abergläubische Schuldzuweisungen einen jungen Offizier in den Selbstmord treiben, oder die Enscheidung des Kapitäns, den gebrochenen Mast zu kappen, um ein Kentern des Schiffes zu vermeiden, obwohl ein über Bord gegangener Matrose noch mit aller Macht versucht, den rettenden Masten zu erreichen.

Master & Commander ist bildgewaltig, sieht aber trotzdem realistisch aus, fesselt, ohne zu dick aufzutragen und ist intelligent, ohne langweilig zu sein. Ich persönlich mag das Genre und finde den Film dank den obigen Tugenden auf jeden Fall

HOT!

Freitag, 4. Juli 2008

Krieg und Friedman

Manchmal, wenn ich zu später Stunde durch die hinteren Kanäle zappe, abwechselnd aufgefordert, unglaublich hässliche , aber angeblich auch unschätzbar wertvolle Ringkollektionen für 39 Euro oder obszöne Klingeltöne im Jamba-Sparabo zu erstehen, bleibe ich an einer Sendung auf N24 hängen.
Sie fällt stets dadurch auf, dass sich ein vermeintlicher Talkgast gerade ausgesprochen lautstark und aggressiv über einen anderen Gesprächsteilnehmer herfällt. Nach genauerer Betrachtung stellt sich heraus: der Talkgast ist gar kein Talkgast sondern Michel Friedman, Moderator, und es geht die ganze Zeit so weiter. Nach bester Hollywood-Kreuzverhörmanier wird von Anwalt Friedman ständig ins Wort gefallen, Fragen locker fünffach wiederholt und der gestrige Gast Roger Kusch wiederholt als Todesengel bezeichnet.

Und es ist toll. Studio Friedman ist glaubwürdiger als als Frank Plasbergs immergleiche "Wir hätten da mal eine Frage, Herr Soundso, weil wir sind nämlich so wahnsinnig kritisch."-Show und kommt vermutlich eher zum Punkt als die ganzen anderen öffentlich-rechtlichen Talkshows, die ich gar nicht mehr angucke. Weil mich ehrlich gesagt nicht interessiert, was irgend ein Tatortkommissar von dem Thema hält und Generalsekretäre, die ihr Parteiprogramm gern auch nochmal vortragen auch nicht so spannend sind.

In der Sache ging es gestern um den Fall der 79-jährigen Bettina Schardt, die von Roger Kusch Sterbehilfe erhalten hat, von ihm bei ihrem Selbstmord gefilmt worden war und um die Frage, ob und wenn unter welchen Umständen die Beihilfe Kuschs legitimierbar sei.

Als Roger Kusch zu diesem höchstsensiblen und für ihn sehr persönlichen Thema gerade zum streitlustigen Friedman eingeladen wurde, muss ihm als Jurist und Politiker (Kusch war Justizsenator in Hamburg) bewusst gewesen sein, auf was er sich einließ. Und um sein Handeln ihn ohnehin schon eine hitzige Debatte ausgelöst hat, so dass er gestern Abend sicher nicht unvorbereitet vor die Kameras trat. Sicherlich hatte er seine Argumente perfekt parat.

Und nichts weniger hätte gestern genügt, um nicht komplett in Friedmans unermüdlich anbrandenden Wogen aus Rhetorik und Polemik unterzugehen und es genügte nicht, um Kusch davor zu bewahren, dann und wann ziemlich kleinlaut dazustehen. Wobei man nicht genau zu sagen vermag, ob das einer überlegenen Argumentation seitens Friedmans zuzurechnen ist oder einfach der größeren Cleverness beim Überspielen eigener Unstimmigkeiten. So oder so schien Kusch regelrecht verlegen, als er auf die, Frage, wie oft er die alte Dame zu Gesprächen getroffen habe, ungewohnt leise "vier mal" antwortete.

Hier zwei weitere Treffer Friedmans, die mir besonders gut gefallen haben, aus dem dem Gedächtnisprotokoll:

Friedman: "Jeder hat mal einen schweren Lebensabschnitt, und später kann er sich nicht mehr daran erinnern, über Selbstmord nachgedacht zu haben. Wenn man ihnen im falschen Moment begegnet, hat man also echt die Arschkarte gezogen."


Friedman: "Sie wollen also Geld für Sterbehilfe verlangen?"

Kusch: Nein, Sie sind auch Anwalt, sie müssten auch wissen, dass es für Anwälte Gebührenverordnungen gibt. Ich verlange Gebühren für Rechtsbeistand.

Friedman: Rechtsbeistand wofür? Wie man rechtsfrei tot sein kann?


Über das Thema selbst kann man zweifelsohne geteilter Meinung sein und auch derartige Streitgespräche werden keine endgültige Klarheit über den moralischen Wert von Sterbehilfe schaffen können. Aber es wurde offen und parteiisch darüber diskutiert und der Zuschauer hatte den Eindruck, dass hier zwei Menschen eine eigene Position vertreten, Kusch vielleicht ein wenig aus Profilierungstrieb, Friedman vielleicht ein bisschen mit anwalttypischer professioneller Überzeugung exklusiv für die eigene Seite.
Vor der Kamera befanden sich zwei Menschen, und während den 30 Minuten Sendezeit konnte niemand um den heissen Brei reden, bis der Moderator es satt hat nachzufragen und einen anderen Gast aufruft, es gab kein Entrinnen, wie in einer römischen Arena.
Kein Wunder, dass die so populär waren. Das Prinzip funktioniert immer noch hervorragend.

Mittwoch, 2. Juli 2008

Ein bisserl Ignoranz beim Spiegel

Lieber Spiegel,
Die Bayern mögen ja Bayern sein, aber der Klinsmann bleibt nun mal ein Schwabe, a Schwob, und deswegen zeigt der höchstens ein bissle Arroganz.

Dieses bisschen scheint interessanterweise auch schon auszureichen, gestandenen Jornalisten in beleidigte Zynismusattacken zu verursachen. Muss also doch schon eher a ganz schener Haufa Arroganz gewesen sein.

Dienstag, 1. Juli 2008

Quiztaxi

Diese vorzügliche Satire über Deutschlands liebste Kreuzung aus mit Weihnachtsbeleuchtung versehenem Großstadttransportmittel und Guerilla-Ratesendung wurde von Frankie beigesteuert, der diesen und noch viele andere Texte auf seiner Satireplattform Frankies Satirewelt veröffentlicht hat.


„Wohin soll es gehen?“
Die füllige Frau in der ausgebeulten Jogginghose schaut fragend auf ihren Sohn.
Der stiert mit stumpfen Blick auf seine blechberingten Finger und grinst.
So rückt sie ihre beschlagene Brille zurecht und gibt selbst entschlossen Antwort.
„Zum Kölner Dom!“
Klingeling. Düdeldü! Täterätä! Willkommen im Quiztaxi!
Die Frau quietscht ungläubig auf und der Bengel erwacht aus seiner Lethargie.
„Ne, echt jetzt? Boh, Alder, voll geil, eh!“
Seine Begeisterung scheint reinsten Herzens zu sein.
Er streicht sich die fettigen Haare aus der Stirn.
„Haste gehört, Mudder, wir gewinnen jetzte richtig wat!“
In die Hände klatschend, lässt sie ein erfreutes „Supi!“ durch ihre vorstehenden Schneidezähne schlüpfen. Ihr Bauch wogt vor Begeisterung hin und her.
Erste Frage. In welcher Stadt steht der Eiffelturm?
Die Begeisterung des Jungen schlägt in Desinteresse um.
Muddern springt in die Bresche. Ihre Wurstfinger kneten nervös eine Einkaufstüte.
In Pisa, da ist sie sich sicher. Davon hat mal was in der Bildzeitung gestanden.
Die Stadt fängt zwar mit einem „P“ an, aber Pisa sei es nicht, so die kleine Hilfestellung des Moderators. Da Muddern keine weiteren Städte mit „P“ bekannt sind, greift sie zum Telefonjoker. Vaddern zu Hause auf dem Sofa ist da weltmännischer.
„In Paris, du blöde Kuh!“, gibt er bereitwillig Auskunft und setzt noch ein freundliches „Und sieh zu, dass du mit dem Kölsch hier antrabst!“ hinzu.
Die ersten 50 Euro stehen zu Buche.
Die Quizspieler liegen sich jubeln in den Armen.
Zweite Frage. Womit kocht man auf einem Campingplatz normalerweise das Essen?
Das ist die richtige Frage für den Junior. „Mit Dosen natürlich, weiß doch jeder. Nudeln in Tomate und so.“
Und womit macht man die warm?
„Mit dem Profangaskocher.“
Womit?
„PROFANGAS!“ Ob der Moderator was an den Ohren hat?
Scheiße, erstes Leben weg.
Dritte Frage. Von welchem Land heißt die Hauptstadt Wellington?
Betretenes Schweigen auf den Rücksitzen.
Kann ja nur Kanada oder Peru sein.
„Ja, ganz sicher Kanada oder Peru.
Jedenfalls in Afrika.“
Ja, was denn nun?
„Kanada“.
Sind Sie sicher?
„Ne“.
Dann noch mal überlegen!
„Hab keinen Plan. Nehm ich eben Neuseeland.“
Absolut logisch. 100 Euro!
Infernalisches Gekreische dringt nach vorn.
Vierte Frage. Welcher deutsche Dichter schrieb „Die Räuber?“
Mit der Literatur hat man es nicht so. Man verfügt aber doch noch über den Passantenjoker?
Das Taxi hält.
„Hallo, Sie da, kommen Sie mal her. Wer schrieb „Die Räuber?“
Die Passantin ist sichtlich verwirrt.
„Äh, ik nixe wisse von Räuber, bin rechtschaffendes Frau, musse gehen zur Arbeit, mache sauber in Büro, nixe Räuber!“
Der Moderator drängt auf eine Antwort. Man überlegt fieberhaft, schwankt zwischen Günter Grass und Günter Netzer. Auch Gerd Delling und Afred Hitchcock kommen zur Sprache. Wilhelm Busch, so die erlösende Antwort.
Schiller? War der das nicht mit dem Fausthandschuh? Enttäuschtes Augenverdrehen.Zweites Leben und Passantenjoker weg. Noch 200 Meter bis zum Ziel.
Letzte Frage. Jetzt gibt es was auf die Ohren.
„Eins, zwei, drei, vier Eckstein ... „ ertönt es aus den Lautsprechern.
In den Bengel kommt Leben, ein verzücktes Lächeln huscht über sein clerasilresistentes Gesicht. Er beginnt ekstatisch zu zucken und zeigt beim Mitsingen sowohl große Textsicherheit als auch fundierte mathematische Kenntnisse. Ja, da macht ihm so schnell keiner was vor, da ist er Experte!
„Fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn ...!“
Von wem ist wohl diese anmutige Weise?
Ein kurzes Stammeln, dann dringt ein „Umpf“ über seine gepiercten Lippen.
Richtig! Und schon ist das Ziel erreicht. 150 Euro wechseln den Besitzer.
Masterfrage? „Ne, dann is nacher alles weg!“
Der Moderator gratuliert und wischt sich verstohlen den Schweiß von seinem gequälten Lächeln.
Die glücklichen Gewinner ziehen jubelnd von dannen.
Sie hatten es schon immer gewusst.
Bildung zahlt sich irgendwann aus.